Silvia und die Suche nach dem neuen Glück




1. Kapitel:
Nina oder mal was anderes machen

Mit Nina war es wieder sehr anstrengend gewesen. Jedes Mal wenn Silvia ihre Tochter an den Bahnhof bringt, ist die Hölle los. Nina hat die Trennung ihrer Eltern irgendwie nie so richtig überwunden. Das Abschiednehmen, ihre Liebsten loslassen, und sei es nur für fünf Tage Welschland, fällt Nina schwer. Als ihr Vater auszog, heulte sie tagelang, dass er wegging hat sie traumatisiert und hat sie nie richtig überwunden. Tschüss sagen ist für Nina ein gefühlsmässiger Horror. Auch dieses Mal wieder ein Theater, die Leute schauten schon. Silvia ist froh geht das Welschland Jahr nur bis Ende Mai, dann ist ihre Tochter wieder zu Hause. Zwar nur bis zum August, dann fängt Nina ihre KV-Lehre in Basel an. Sie wird auch da unter der Woche bei einer Gastfamilie leben. Wenn Silvia an die Abschiedsszenen der nächsten drei Jahre denkt und das Theater auf dem Perron, kommt ihr das nackte Grauen. Aber Nina sollte irgendwann schon erwachsen werden. Silvia wusste wie schwer es Nina in den letzten Jahren hatte. Sie liebt beide Elternteile, die Trennung von ihrem Vater war für das Mädchen kompliziert. Nina hat unterschwellig Silvia als die Schuldige ausgemacht, aber die Trennung war einvernehmlich. Dies war dem Kind in der Situation nicht zu erklären. Nun, Nina stieg in den Zug: „Mami ich hab dich lieb. Bis nächsten Samstag“. „Ich dich auch Schätzali“

Als Silvia vor den Bahnhof tritt, läuft ihr die beste Arbeitskollegin, Simone über den Weg. „Hallo Simone“ „Hallo Silvia, was machst du?“ „Ich habe gerade meine Tochter in den Zug gesetzt“ „Gehen wir ein Kaffee trinken?“ Silvia war es recht ein bisschen zu quatschen. Simone ist immer für einen Tratsch gut. Sie setzten sich ins Spetacolo und bestellten einen Cappuccino. „Sag mal Silvia, deine Nina ist jetzt schon 16 Jahre alt und Du hockst immer noch zu Hause rum. Wir könnten doch mal zusammen was unternehmen.“ „Ja ich weiss“, entgegnete Silvia, „ich müsste mal raus und Leute treffen.“ „Na, ja eure Trennung ist jetzt ja auch schon fünf Jahre her, da kannst Du wohl mit einem anderen Mann tanzen oder reden“, spöttelte Simone. „Meine Freundin Angela hat am Freitag Geburtstag und hat mich und ein paar Freundinnen nach der Arbeit zu einem Apero eingeladen. Da könntest Du ja mitkommen?“ Sie kamen überein, am Freitag zusammen an diesen Apero zu gehen und nicht daran zu denken, dass um 19°° Uhr das Nachtessen bereitstehen muss. „Das machen wir“, sagte Silvia und der Gedanke aus ihrem Trott auszubrechen hatte für einen kurzen Moment den Geschmack von Freiheit. Ein Gefühl das sie schon lange vergessen hatte, ein Gefühl, dass etwas Neues und Unbekanntes versprach und sie gleichzeitig an etwas Vermisstes erinnerte. „Bis morgen um acht bei der Arbeit“ „Ich nehme was fürs Znüni mit“ verspricht Simone. Silvia mochte Simones Kuchen, vor allem zum Znünikaffee passten sie immer super.

Silvia war mit dem Gedanken, dass sie am Freitag seit langem vielleicht wieder einmal etwas Unvernünftiges unternehmen würde, die ganze Woche unterschwellig beschäftigt. Sie stellte sich vor, was sie am Freitag für die Arbeit anziehen wollte, was auch für den Apero passen würde und ob sie auch noch ein gewagteres Make-Up auftragen sollte. Am Donnerstag rief sie Markus an: „Hallo Silvia. Nina hat mich angerufen. Sie hat Fieber, sie ist Dienstag und gestern im Bett geblieben. Und sie hat mich gefragt ob sie am nächsten Wochenende zu mir kommen kann“ „Für mich ist das ok“, entgegnete Silvia. Dies mit dem leichten Hintergedanke, dass es vielleicht am Freitag spät werden könnte und sie Nina dann am Samstagmorgen nicht abholen müsste. Ein leicht schlechtes Gewissen hatte sie schon dabei, aber irgendwie gleichwohl nicht. „Du Silvia, die Märzalimente kann ich dir erst mitte April zahlen, ich musste noch das Auto flicken lassen“, fuhr Markus fort, „Was meinst Du, was sollen wir Nina zum 17ten Geburtstag schenken?“ „Ja, ich überleg mir was“. Silvia hörte Markus gar nicht mehr richtig zu. Ihre Gedanken schweiften ab. War das jetzt alles, was von ihrer grossen Liebe von einst übriggeblieben war: Gespräche über Alimentenzahlungen und bei wem Nina übernachtet, Geburtstagsgeschenke und sonst nichts mehr. Silvia umfing eine traurige und melancholische Stimmung. Seit der Trennung hatte sie all diese Jahre nur funktioniert. Nina hatte den Lebensrahmen gegeben, das Kind, die Arbeit und sonst nichts? War das der Preis für die schöne Zeit, für die verliebte Zeit ihrer Beziehung? Nein, das kann es nicht gewesen sein. Markus drängte auf eine Antwort, welches Geschenk denn passen würde. Er wollte schon immer schnelle Antworten auf seine Fragen. Silvia fühlte sich dadurch oft überfordert: „Frag sie doch nächstes Wochenende durch die Blume aus, was ihr passen würde“. Markus war einverstanden. Sie legte auf und war froh, das Gespräch ohne Streit beendet zu haben.


2. Kapitel:
Achtung, verlier dich nicht!


Angela war eine kleine, rundliche und lustige Frau. Sie feierte ihren 45ten Geburtstag. Silvia verstand sich sofort mit ihr. Angela hatte nichts dagegen, dass Simone Silvia mitgeschleppt hatte. Es war ein lustiges Geschnatter an diesem Apero. Alle hatten irgendeine Geschichte oder eine Pointe über Angela zu erzählen. Es gab Prosecco und Häppchen à dicresion. Silvia fühlte sich sehr geborgen in diesem Grüppchen, obwohl sie die meisten der anwesenden Frauen gar nicht kannte. Angela stellte alle einander vor, Simone musste dann Silvia den andern Frauen vorstellen. Sie erzählte, dass sie Arbeitskolleginnen sind, dass Silvia eine Tochter hat und dass sie seit fünf Jahren getrennt von ihrem Mann lebt und dass sie kein Freund hat. Silvia fand die Vorstellung peinlich. Sie hatte nicht erwartet, dass Simone persönliche Sachen über sie preisgeben würde. Aber die anderen Frauen hatten nur darauf gewartet, etwas über die unbekannte Silvia zu erfahren. Die Vorstellung wirkte wie ein Bekanntheitsbeschleuniger. Alle wollten auf einmal Ratschläge für das Leben und das Wohlergehen Silvias geben und das einer Alleinerziehenden im Speziellen. Sie stand auf einen Schlag im Mittelpunkt. Silvia fand dann schnell heraus, dass sie die einzige Mutter und getrennt lebende Frau in diesem Zirkel war und die anderen sie eher auszufragen schienen als ihr Ratschläge erteilen zu können. So im Mittelpunkt zu stehen war für Silvia ungemütlich und es war ihr auch ein klein wenig peinlich. Aber die anderen Frauen gaben ihr das Gefühl das sie als Person ernstgenommen würde, wenn sie dieses Gefühl denn zuliess. Das Gefühl von Leere, dass ihr beim letzten Gespräch mit Markus überkommen hatte, fand hier in dieser lustigen Runde eine eigenwillige Spiegelung. Silvia spürte, dass es für sie auch ein anderer Weg und eine andere Bestimmung für ihr weiteres Leben geben könnte, als das einer alleinerziehenden, zurückgezogen lebenden Mutter, wenn sie ihr Leben denn verändern möchte.

Das A La Carte schloss um 20 Uhr und die Frauen, leicht angesäuselt, beschlossen in bester Proseccolaune noch nicht nach Hause zu gehen. Silvia ging mit. Die Frauen schoben sich durch die Strassen Langenthals und fanden sich in der Braui am Stehtisch wieder. Alle anderen Tische waren besetzt. Im Überschwang fingen sie mit Biertesten an. Zwei Jugendliche gesellten sich zu ihnen an den Stehtisch. „Wir warten noch auf einen Tisch und auf unseren Vater“ beschied der eine Silvia. „Hier musst du manchmal warten, aber wir können in der Zeit ja auch ein Bier testen.“ Sie bestellten je ein verschiedenes IPA und gaben Silvia zum Versuchen. Auch die anderen Frauen reichten ihre bestellten Biere zum Versuchen herum. Silvia hatte schon lange nicht mehr so viel Alkohol an einem Abend getrunken. Ihr drehte es ganz leicht im Kopf und die Zunge wurde auch schwerer. Lustig war es gleichwohl. Silvia liess sich fallen. Sich in guter Gesellschaft verlieren, dumm reden ohne dass die Wörter gleich auf die Goldwaage gelegt werden, lachen und Bier trinken, das tat ihr gut.

Der Vater der beiden Jugendlichen gesellte sich dann irgendwann dazu. Er stellte sich als Roland vor. Silvia in ihrem leicht angesäuselten Zustand, kam mit ihm sogleich auf das Thema Kinder zu sprechen. Ohne Roland zu kennen, erzählte sie ihm von Nina, ihren Schwierigkeiten und Probleme und all das Lustige in dieser Lebenssituation. Sie musste sich festhalten. Roland lächelte dabei und half ihr die Balance zu halten. Er erwiderte ihr Gespräch und erzählte von seinen beiden Jungs, die Silvia ja schon kennengelernt hatte, erzählte was er so arbeitet und wie er die Freizeit verbringt. Der Tisch für Roland und seine beiden Jungs wurde frei und sie setzten sich. Silvia und die Aperofrauen bestellten noch eine Runde Biertesten.

Zu später Stunde gesellten sich die übriggebliebenen Frauen zu Roland und seine beiden Jungs an den Tisch. Silvia hatte ihr Gefühl, wieviel sie schon getrunken hatte, verloren. So wie sie sich einschätzen konnte, war sie kurz vor dem Betrunkensein. Sie testeten ein letztes Bier. Irgendwann war es Silvia nicht mehr wohl. Sie wollte sich verabschieden. „Ich muss auf den Schoren“ rief sie in die Runde. Roland bot ihr an, sie auf den Schoren mitzunehmen. Er wohnt auch auf dem Schoren? Silvia hatte ihn noch nie gesehen. Sie war froh, dass sie mitfahren durfte.
Roland hatte das Auto gleich um die Ecke in der Tiefgarage parkiert. „Wo wohnst Du denn?“ fragte er sie. „Gleich beim Hare Krishna Resti“ „Ich in der Hausmattstrasse. Komm mich doch mal besuchen“ sagte Roland „Ich arbeite 80% und bin immer Freitag`s zu Hause oder unternehme was und die Hausmattstrasse ist ja nicht weit von deinem Zuhause. Hier meine Telefonnummer“ Er steckte Silvia eine Visitenkarte zu und setzte sie vor ihrer Haustüre ab.


3. Kapitel:
Schmetterlinge kündigen den zweiten Frühling an


Roland wartete nicht, bis Silvia sich in die Hausmattstrasse traute, er stand schon am nächsten Morgen vor ihrer Türe. Silvia hatte die Türe nur einen Spalt breit öffnen können, redete Roland auf sie ein. „Hallo Silvia, wollen wir zusammen in die Stadt? Ich sollte einkaufen gehen. Vielleicht brauchst Du auch was?“ Silvia musste aber den letzten Abend zuerst einordnen. Wer ist das? Ah ja Roland. Was habe ich ihm alles erzählt oder noch schlimmer, was habe ich ihm alles erzählt was er nicht wissen sollte oder noch nicht wissen sollte? Oh das ist blöd. Sie war noch nicht ganz bei sich. Sie schaute ihn an. Ihr fiel auf, dass sie sich sein Gesicht gestern nicht richtig gemerkt hatte. Er sieht gut aus und er hat ein freundliches Lächeln, dachte sie sich. „Hallo Roland, war ich betrunken gestern? Sowas passiert mir sonst nie. Ich geh ja nie fort.“ Roland lächelte nur und machte noch eine Bemerkung, dass sie gestern Abend nicht mehr ganz so sicher auf den Beinen gestanden war.
Silvia`s Kopf konnte noch nicht klar denken, aber das sie jetzt mit Roland einkaufen gehen würde, war eigentlich eine gute Idee. Einkaufen mit Begleitung, warum nicht. Nina war ja bei ihrem Vater. Sie war frei. „Ist gut, ich komme mit. Ich sollte sowieso noch ein paar Sachen am Markt kaufen und dann müsste ich noch mein Velo bei Mech abholen. Kannst Du zwei Minuten warten?“ Roland konnte. Silvia huschte schnell in das Bad um sich hübsch zu machen. Also der Roli sieht eigentlich ganz gut aus und nett ist er auch noch, dachte sie sich. Einen kurzen Augenblick huschte die Möglichkeit eines Kusses, eines Gutenmorgenkusses vorbei. Markus und Silvia hatten sich, als sie noch verliebt waren, am Morgen immer einen Gutenmorgenkuss auf den Weg mitgegeben. Silvia errötete leicht. „Na, Roland kenne ich jetzt genau einen Tag und ich denke schon daran ihn zu küssen. Offensichtlich bin ich ausgehungert“ stellte sie überrascht fest.

Der Samstagmorgen mit Roland in der Marktgasse war lustig. Er war charmant, zuvorkommend, gleichzeitig sehr bestimmt und ein bisschen fordernd. Silvia lernte Roland an diesem Morgen näher kennen und unterschwellig wägte sie in Gedanken ab, ob er etwas für sie bedeuten könnte. „Auf einmal geht es ganz schnell. Noch gestern habe ich Trübsal geblasen und heute sehe ich schon Schmetterlinge tanzen“ Sie lächelte still in sich hinein und schaute dabei Roland an: „Eigentlich wäre er ja schon was mich und hat auch gut erzogene Jungs“ dachte sie sich. Da Silvia mit dem Velo nachhause fuhr, verabschiedeten sie sich am Markt. Roland wollte Silvia für den Abend zum Essen einladen, dies weil er am Markt zu viel eingekauft hätte. Wie er augenzwinkernd meinte. Silvia schob diese Einladung ein wenig von sich weg. Sie würde sich melden.

Zuhause angekommen, dachte Silvia daran eine Zweitmeinung einzuholen. Sie rief Simone an. „Du Simone, gestern habe ich doch einen Typen kennengelernt, Roland. Er hat mich ja auch noch nach Hause gebracht. Heute waren wir zusammen am Markt und er hat mich für heute Abend zum Essen eingeladen. Was meinst Du“. Simone lachte am anderen Ende der Leitung und gab die kürzest mögliche Antwort: „Machen!“


4. Kapitel:
Ein schöner Morgen

Das Nachtessen bei Roland war vorzüglich. Silvia wurde schon lange nicht mehr so bedient. Roland hatte auch für ein schönes Ambiente gesorgt, mit viel Kerzenlicht und Deko auf dem Tisch. Silvia gefiel es. Es gefiel ihr sogar ausgezeichnet. Ein wenig kitschig, aber genau so viel, dass es schon wieder Stil hatte. Sie sprachen über Gott und die Welt und ihre Kinder. Als das Thema auf die getrennten Partner kam, stellte sich Roland dem Thema entgegen. Silvia bohrte auch nicht mehr nach, offensichtlich hatte Roland Mühe mit diesem Thema. Sie liessen sich zum Kaffee auf dem Sofa im Wintergarten nieder und schauten in den wunderschönen Sternenhimmel. Sie schwiegen dabei und genossen den Himmel. Roland strich ihr zärtlich über das Haar. Silvia lies es geschehen. Sie küssten sich. Silvia drückte sich ganz fest an Roland. Roland zog sie langsam aus. Silvias Herz schlug jetzt ganz schnell, sie zitterte vor Erregung. Oh wie hatte sie das vermisst. Silvia liess es mit sich geschehen. Sie schob sich unter Roland. Er stiess Silvia zuerst ganz behutsam, dann immer fester bis sie laut schreiend kam. Er drehte sie auf den Bauch, liess sich lange Zeit bis sie wieder gekommen war um dann selber auch zu kommen.

Silvia kannte sich selber nicht wieder, sie schrie ihre Freude und Erregung laut hinaus. Es war wunderbar. Sie machten Liebe bis beide nicht mehr konnten und irgendwann an einander kuschelnd auf dem Sofa einschliefen. Sie schliefen fest und gut. Am nächsten Morgen wurden sie von der Sonne geweckt. Roland nahm Silvia nochmal. Er machte es ganz zärtlich. Für Silvia war es der schönste Morgen seit langem.


5. Kapitel:
Neid


Silvia war auf Wolke sieben. Als sie nach Hause ging, spürte sie den Boden nicht mehr. Sie schwebte. Silvia fühlte sich locker und leicht, die Sonne auf ihrer Nase kitzelte, ihre Haare die im Wind kräuselten, streichelten ihre Haut wie eine Feder. Sie war losgelöst von dieser Welt, sie fühlte sich wunderbar.
Zu Hause angekommen warteten Nina und Markus auf sie. „ Mami wo warst Du‘“ fragte Nina. „Ich war weg“ entgegnete Silvia. „Ja aber du warst die ganze Nacht weg. Ich konnte nicht bei Papi schlafen, weil vor dem Haus irgendeine Veranstaltung war. Die ganze Zeit Krach. Da bin ich hierhergekommen zum Schlafen und du warst die ganze Nacht nicht zu Hause, da habe ich Papi angerufen, weil ich mir Sorgen gemacht habe.“ „Ich habe an einem anderen Ort übernachtet“ Silvia war es nicht ganz geheuer das Nina und Markus mitbekommen haben, dass sie nicht zu Hause geschlafen hatte. Nina war noch ganz aufgeregt und hatte so einen kritisch einnehmenden Unterton in der Stimme. Markus schaute Silvia mit einer Mischung aus Misstrauen und Vorwurf an, sagte aber nichts. Silvia wusste in diesem Moment, dass sich Markus die Situation zusammenreimen konnte. Sie kannte ihn genau. Er hatte den Braten gerochen, sagte aber nichts. Silvia war es in diesem Moment egal, was sich Markus denken würde und wie böse er sie jetzt anschaut.

Der Tag gehörte ihr und sie liess keine schlechte Stimmung aufkommen. Nina beruhigte sich dann schnell einmal. Markus wünschte noch eine schöne Woche, grummelte was von einem Schlüssel irgendwohin bringen und haute ab. Als er zur Tür hinausging, spürte Silvia seinen stechenden Blick in ihrem Rücken. Es war ihr nochmal egal. Nina erzählte wie es ihr ergangen war in der letzten Woche. Silvia erzählte von ihrer Woche und das sie am Freitag mit einer Arbeitskollegin im Ausgang gewesen war. Nina hörte aufmerksam zu. Sowas hatte ihre Mutter ja noch nie gemacht. Nina fragte dann doch noch einmal, wo sie letzte Nacht gewesen war. Silvia erzählte es ihr. Die Details liess sie aus. Nina fand es nicht so gut. „Hör mal Kleines, ich gehöre nicht nur dir. Ich gehöre auch mir und ich darf mich wohl auch mal mit einem Mann treffen“. Silvia hatte das Gefühl, dass sie sich nicht rechtfertigen muss. Ihr Gefühle und Leben gehören nur ihr, Silvia. Obwohl Nina natürlich auch zu ihrem Leben gehört. Silvia beschrieb Nina ihr Gemütszustand und sie würde das irgendeinmal verstehen. Nina schien das alles nicht richtig zu akzeptieren. Am späteren Nachmittag brachte Silvia Nina dann an den Zug. „Mami hast du mich eigentlich gern?“ fragte Nina auf dem Perron plötzlich. „Oder ist da jemand anders wichtiger als ich“ Silvia wusste im Moment keine richtige Antwort auf diese Frage, dies weil Nina ja schon halb erwachsen war und diese Frage ein wenig kindisch war. „Ja sicher habe ich dich gerne“ entgegnete Silvia halbherzig.

Zu Hause hatte sie zwei Nachrichten von Markus und Roland auf der Combox. Sie rief zuerst Markus an. Er wollte wissen wie es mit Nina am Bahnhof gegangen war und grummelte dann noch etwas in den Hörer was Silvia nicht ganz verstand. Sie glaubte wie er fragte; wie es ihr geht und wenn sie wolle könne sie mit ihm mal über die Zukunft Ninas reden. Hoppla, dachte sich Silvia, kommt Markus jetzt wirklich mal selber auf seine Tochter zu sprechen oder hat ihn, da er mitbekommen hat dass ein anderer Mann sich für Silvia interessiert, die Eifersucht gepackt? Silvia kam es in diesem Moment vor, als würde sie wieder leben. Als würde sie von heute auf morgen ein anderes Leben leben, als würde sie wieder für irgendwer etwas bedeuten. Dieser schöne Gedanke schüttelte sie wohlig durch. In diesem Moment öffnete sich ihre Seele. Sie öffnete sich, für all das Neue und Schöne, welches da in Zukunft hoffentlich noch kommen würde.
Roland fragte wie es ihr geht und er würde am Dienstag für sie kochen und sie könne dann wieder bei ihm übernachten. Silvia rief sogleich zurück.


6. Kapital:
Ernüchterung und Selbsterkenntnis


Silvia und Roland trafen sich die nächsten Tage regelmässig. Die Momente des Zusammenseins mit Roland waren für Silvia wie wenn sich eine neue, schöne Welt öffnet. Eine, in der ihre nie gedachten Wünsche wahr wurden. Die Welt glitzerte und glänzte. Die Arbeit erledigte sich von alleine, all ihre Bekannten bemerkten bei ihr eine neue Zufriedenheit und eine lebensbejahende Ruhe. Silvia getraute sich mit Roland händchenhaltend durch Langenthal zu flanieren. Roland trug sie auf Händen und las ihr jeden Wunsch von den Lippen ab. Roland rief jeden Tag um 18 Uhr an, um Silvia zu fragen wie es ihr gehe, was er für sie tun könnte und was sie heute macht. Silvia fand es recht süss wie Roland sich um sie kümmert. Jeden Tag eine kleine Aufmerksamkeit, mal ein Gruss, mal eine Einladung.

Am Freitag wollte Silvia mit Simone in das Feierabendbier. Silvia hatte Nina nahegelegt öfter mal bei Markus zu übernachten. Nina nahm den Vorschlag erstaunlicherweise an und Markus getraute nicht, sich dagegen zu stellen. So konnte Silvia öfter den Samstag locker angehen. Simone war natürlich dabei den Feierabend zu feiern. „Weisst Du, Roland ist sehr einnehmend und ich will jetzt nicht nach Hause gehen und dann gleich zu Roland. Ich möchte heute ein wenig Zeit für mich haben“. Simone schlug vor ins Chrämi zu gehen. Sie wollte gleich alles über Roland wissen. „Du Silvia, wie läuft es so mit Roland? Bis Du verliebt? Ist alles so wie es sein sollte“. Nun, Silvia konnte nur Gutes berichten. „Er ist zuvorkommend, nett, zärtlich und nimmt mich ernst. Aber er will immer wissen was ich mache und wo ich bin.“ Simone schlug vor ihn zu testen. Wenn er einige schlechte Eigenschaften hätte, müsste man die gezielt angehen, schlug Simone vor. Nun Silvia hatte keine Ahnung wie man so was bewerkstelligen sollte. Ihr Gefühl sagte ihr, dass es vielleicht gar keine schlechte Idee wäre. Simone hatte dabei ein Grinsen im Gesicht, das Silvia nicht deuten konnte. „Was grinst Du so?“, fragte Silvia. „Ich stelle mir nur vor, wenn er die Prüfungen nicht besteht, was Du dann machen würdest“ frotzelte Simone. Silvia fand es jetzt nicht so passend und sie konnte sich diese Prüfungen gar nicht vorstellen was das denn sein sollte.

Ihr Natel klingelte. Es war Markus: „Hallo Silvia, möchtest Du heute mit mir und Nina zu abendessen?“ „Ich weiss nicht, ich bin noch mit Simone im Feierabendapero. Weiss nicht wie lange wir noch machen“ Simone zeigte auf ihre Uhr um zu zeigen, dass sie noch nicht nach Hause gehen möchte. „Es kann noch länger gehen“ sagte Silvia. Sie entschuldigte sich und liess Nina grüssen. `Markus ruft mich an und will mich einladen. Das ist mal was Neues` dachte sich Silvia. Simone nahm das Thema sofort auf: „Seit du Roli hast bist du wieder attraktiv. Markus will sich nur bemerkbar machen.“ meinte sie halb im Ernst. Silvias Natel meldet sich schon wieder. Diesmal war es Roland. Er fragte wo sie sein. „Im Feierabendbier mit Simone“ Roland fand es nicht so lustig, er hätte gerne gewusst, wo Sie ist. „Hallo Roli, muss ich mich bei Dir abmelden, wenn ich was mal alleine unternehmen möchte“ „Ja ich möchte halt schon wissen, wo Du bist. Vielleicht habe ich schon was für uns organisiert, oder ich bin auf dem Weg zu Dir“ „Ok, ich bin in der Spanischen. Bist Du zufrieden?“

Roland war fünf Minuten später auch in der Spanischen Weinhalle und wich Silvia den ganzen Abend nicht mehr von der Seite. Simone grinste die beiden an, hatte unverholen und offensichtlich daran Spass gefunden, Silvia und Roland zu beobachten. Silvia fand es nicht so lustig und mäkelte an Roland herum. Sie gingen gleichwohl zusammen nach Hause. Roland stiess Silvia dieses Mal beim Sex heftiger als sonst. Silvia tat es fast ein bisschen weh. Silvia fand die Nacht nicht so schön, sie ging am Morgen früh ohne Morgenessen nach Hause. Nina kam im Verlauf des Tages zu ihr. Auch sie wollte wissen wie es mit Roland so läuft. Silvia hatte diese Nacht eine kleine düstere Ahnung beschlichen, dass Roland sie an der kurzen Leine hielt. „Ich glaube Roli und ich müssen uns noch aneinander gewöhnen“ hielt sie die Antwort kurz. Nina rollte die Augen „Mami, ich habe gedacht, er wäre die ganz grosse Liebe, Jetzt müsst ihr euch aneinander gewöhnen?“ „Schau Nina, das ist nicht so Teenyzeugs, Hals über Kopf. Es braucht Zeit, bis man sich gefunden hat“. „Wann gehen wir mal zusammen aus?“ fragte Nina. Silvia wich der Frage aus. Jetzt ist auch noch die Tochter eifersüchtig auf meinen Freund. Oje, oje, dachte Silvia, die ganzen Beziehungen werden langsam kompliziert.

Silvia hatte am folgenden Abend keine Lust rauszugehen. Sie rief Roland an, um das schon vereinbarte Treffen abzusagen. Er wurde wütend. „Silvia, wir haben abgemacht, dass du zu mir kommst und ich hätte uns was Schönes gekocht“ „Schau Roli, wir waren so viel zusammen diese Tage, ich möchte den Abend alleine verbringen“ „Ist da jemand Anderer oder findet es dein Ex-Mann Scheisse wenn wir zusammen sind“. In Roland Stimme schwang Aggressivität. Silvia erschrak. „Du kannst es mir schon sagen, wenn ich dir nicht gut genug bin.“ Fuhr Roland weiter. Er war jetzt völlig eingeschnappt. „Schau Roland, ich möchte den Abend einfach alleine verbringen, es hat nichts mit irgend jemand anderem zu tun“. Roland kriegte sich nicht mehr ein. Silvia war es nicht mehr ganz geheuer „Roli ich hänge jetzt auf und wir versuchen morgen noch einmal ein Gespräch“ Silvia hatte das irgendwie geahnt, dass Roland besitzergreifend ist. Aber sie hatte die Situation, das Begehrtwerden und die zärtlichen Zuwendungen gebraucht. Die körperlichen Erlebnisse hatte sie schon so lange vermisst. Sie musste sich eingestehen, wenn Roland so Besitzergreifend war, müsste es ein Abenteuer gewesen sein.
Am folgenden Tag war Roland immer noch leicht gekränkt. Silvia fragte ihn, ob er sie liebe oder ob er sie besitzen möchte. Roland wich der Frage aus. Er klang am Telefon nicht gerade lieb und freudig. Silvia war jetzt nicht um ein Treffen gelegen.

An der Arbeit besprach sie sich in einer freien Minute mit Simone. Es war ein wirklich tiefes Gespräch über Männer, Beziehung und Sex. Simone hörte ihr ernsthaft zu, aber sie wusste für Silvia keine abschliessende Lösung.
Aber Simone kannte da noch jemanden, der Silvia gerne kennenlernen würde.






Mark

︎   Die  Äusserungen zu den hier zur Sprache gebrachten Themen sind Steingers rein persönliche Sichtweise.   ︎

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